🕊️*(w+m+d)
Aktualisiert am 08.05.2023 • V. i. S. d. P. yola grimm
# Urban Gardening # Nachbarschaftsgarten ab 2001
Willst du eine Stunde
glücklich sein,
so betrinke dich.
Willst du für drei Tage
glücklich sein, so heirate.
Willst du für acht Tage glücklich sein,
so gib ein Festessen.
Willst du aber ein Leben lang glücklich sein,
so schaffe dir einen Garten an.
Sprichwort aus China
Mein urbaner Nachbarschaftgarten
Mein Garten ist keiner im klassischen Sinne, mit eigenem Grundstück und
Zaun oder Hecke herum. Er liegt inmitten einer südlichen Metropole, für
jeden sicht- und begehbar, ohne Umfriedung offen da. Mein Umweltgarten ist
ein Ort der Pause für alle Generationen und Nationalitäten, für Nachbarn
und Heimatlose, für Rastlose und Besonnene, für Kinder und Rentner, Reiche
und Arme, Dichter und Denker - sprich für all jene, die stehen bleiben,
innehalten und dem rastlosen hektischen Treiben der Stadt, wenigstens für
einen kleinen Moment, entfliehen wollen. Der grüne Raum tut Mensch und
Tier gleicher maßen gut, beschwingt, ist heilsam und nahrhaft. Der
zwanglose Rastplatz verwöhnt die Sinne und ist zugleich genügsam und
anspruchslos, weil Blumen, Kräuter, Sträucher und Bäume entsprechend ihrer
Art, Bedürfnissen und Anforderungen cultiviert werden. Grüne Lebewesen
lieben die Menschen, obwohl die ihnen, all zu oft aus Unverständnis oder
Profit-Gier, zum Verhängnis werden können.
Sie suchen die Nähe des Menschen und geben mit ihrer Pracht und Fülle dem
Homo Sapiens mehr zurück als ein Quid pro quo – wenn wir die Kreisläufe
der Natur erkennen, verstehen und ihrer gewahr werden. So kann ein Garten
zu einem universellen, synergetischen, kommunikativen Raum werden, zu
einem Mikrokosmos unserer Weltwahrnehmung und einem Abbild der
gesellschaftlichen und politischen Realität in unserem Land. Von all dem
werden sie im Lauf der Zeit mehr erfahren.
Die Brache
Hier erst mal seine eigenwillige Entstehungsgeschichte: Seit vielen Jahren
schon wohne ich in einer Genossenschaftswohnanlage. Früher gab es mal
einen Hausmeister, der Pflanzen und Blumen liebte und auch was davon
verstand. Aber mit seinem Tod und im Lauf der Zeit wurde alles anders. Mit
dem neuen „Facility Management“ kam es, dass der Grünbereich nicht mehr
sachgerecht gepflegt wurde. So ging ich jahrelang an einem sichtbar dahin
vegetierenden Fichten-Gerippe vorbei. Ein tag-tägliches Trauerspiel, das
demotiviert ungemein, kann ich ihnen sagen.
Die Entwicklung
Alsbald schlaue Gartenbücher gelesen und mit Gartenprofis gesprochen. Das
Internet als Informationsquelle war damals noch nicht so ausgeprägt wie
heute. Mit dem Wissen im Gepäck und mit einem neuem Bewusstsein die
Landschaft, Parks und Gartenanlagen beobachtet, nachgedacht, abgewartet -
mich selbst gefragt, ob ich eine grüne Verantwortung in mein Leben
integrieren kann und will. Der Blick auf die Bodenbeschaffenheit
ernüchternd. Erste Versuche mit einem Spaten hoffnungslos. Der Boden ist
so hart verdichtet wie Beton, ohne Bagger keine Chance. Der Grund gehört
mir nicht und die Zeit mangelt bei einer Sechzig-Stunden-Arbeits-Woche. Zu
meiner Trauer über die siechende Fläche gesellte sich im Lauf der Zeit
eine meiner Lebensdevisen: „Geht nicht, gibt es nicht!“ Die Lösung war
schnell gefunden. Brief an die Vermieterverwaltung, mit der Bitte um
Bewilligung eines Beetes. Immerhin basiert die Idee des
genossenschaftlichen / gemeinnützigen Wohnens nicht nur auf der
Beschaffung von preiswerten Wohnraum, sondern auch auf der Eigeninitiative
und Partizipation der Mitglieder. Die Genehmigung wurde, mit der Auflage
eines späteren professionellen Rückbaus, erteilt.
Sogleich gestartet und den darbenden Baum abgesägt und die Wurzeln
entfernt. Für die Neuanpflanzung entschied ich mich für ein Hügelbeet
(raised-bed), die sanft gerundeten Beete vergrößern die Anbaufläche, die
Erde bleibt locker und ist mit organischem Dünger und Kompost ausreichend
selbst versorgt. Äste, Holzreste, Grasschnitt, Papierrollen und
Kieselsteine gesammelt sowie gute Erde gekauft. Meine Hügelbeet-Biomelange
auf dem verdichteten Boden sah dann so aus: Zuerst die Äste und dann die
Holzstückchen, Grasschnitt, die klein- geschnittenen Papierrollen und
Kompost mit der Erde vermischt. Auf das Hochbeet ein paar schöne, robuste
Pflanzen eingebracht und die Kieselsteine drum herum. Fertig. Weil ich
schon mal so schön in Schwung war, gleich noch ein weiteres Hochbeet
angelegt. Bekommen sie vielleicht Lust es mir nachzumachen, es muss ja
nicht gleich eine ganze Gartenanlage sein? Bitte tun sie sich doch keinen
Zwang an ...
Hier findet Zukunft statt nach den Prinzipien der Permakultur und
englischer Naturgartenkunst.
Im Laufe von zwei Jahrzehnten wurde an diesem Ort ein naturnaher
Umweltgarten geschaffen. Das Bild eines Naturgartens gleicht einem
natürlich gewachsenen Raum, der jedoch von Menschenhand geplant, angelegt
und gepflegt wird. Diese ökologisch dringend benötigte wichtige
Ausgleichfläche ist mit folgenden Vorteilen angelegt und gewachsen, die
auf den ersten Blick vielleicht nicht sofort ersichtlich sind:
# Ökologische Ausgleichfläche
In Bayern werden täglich 14 Fußballfelder zubetoniert. Gerade in der Stadt
sind Ausgleichsflächen rar und werden händeringend gesucht. Die
klimatische Aufheizung der Städte ist ein weiteres Problem. Speziell bei
der hier hochproblematischen Verkehrs- und Schadstofflage an der
nahegelegenen Dachauer Str. / Ecke Landshuter Allee. Dieser Naturgarten
hat eine ausgleichende Funktion in Bezug auf Feinstaub- und
Schmutzfilterung, dient dem Sauerstoffausgleich, mindert Lärm und Staub,
filtert die Luft und reguliert Hitze. Das belegen zahlreiche Studien, u.a.
ist die signifikante Abnahme von CO2 aufgrund von bepflanzten Grünflächen
zu erwähnen. Die moderne Architektur baut aus diesen Gründen „Bosco
Vertikal“, eine spezielle Bepflanzung von Häusern mit Waldbäumen und
widerstandsfähigen Pflanzen. Mitten in London-City entstehen ganze
Parklandschaften nach den Prinzipien der urban-biologischen
Bewirtschaftung und nachhaltig ausgestalteten Flächen. Der Naturgarten ist
also ein wichtiger Beitrag gegen den Klimawandel, zur Verbesserung des
Mikroklimas.
# Beitrag zur Biodiversität und Naturschutz
Nicht nur die Bienen sterben, auch Vögel gibt es in Europa immer weniger.
Deswegen wird diese kleine Fläche so bewirtschaftet, dass eine biologische
Vielfalt und Ruhe- und Schutznischen für Tiere entstehen können. Zum
Beispiel: Bestäuber, in diesem Fall Hummeln die ganzjährig Nahrung finden
und einen idealen Unterschlupf (auch im Winter) erhalten. Im Frühjahr
dient diese Scholle als Vogelkinderstube und -Flugschule.
Die Fluß-Kieselsteine von der Isar haben dabei wichtige Funktionen. Sie
dienen als Unterschlupf und Brutstube für Marienkäfer, Erdhummeln,
Mauerbienen und Regenwürmern. Zugleich als Licht- und Wärmespender für
sonnen-hungrige Pflanzen und Heilkräuter, die sonst in der weitgehenden
Schattenlage nicht gedeihen könnten. Zweige und Halme helfen verborgenen
Kleinstlebewesen und Microorganismen, schließlich auch der Vogelwelt.
Kaum bekannt: Regenwürmer sterben langsam aus und gelten mittlerweile als
bedrohte Tierart. Sie sind aber für das gesunde Bodenleben ein wichtiger
Faktor. Um den vormals verdichteten, toten Boden zu reaktivieren wurden
hierfür Regenwurmkulturen ausgebracht.
Blumen, Kräuter und Sträucher werden entsprechend ihrer Art, Bedürfnissen
und Anforderungen cultiviert. Dabei wird zum überwiegenden Teil Wert auf
heimische Pflanzenarten mit einem hohen Wert für Hummeln, Bienen und
Schmetterlingen gelegt. Gentechnisch manipulierte Pflanzen werden
möglichst nicht angebaut.
Für die Belebung der Bodenkultur wird zweimal jährlich die
Bodenbeschaffenheit aufgelockert, Unkraut und Baumschößlinge entfernt und
Komposterde aufgebracht. Für ein gesundes Bodenleben werden natürliche
Dünger und keine Pestizide verwendet. Mit einer konventionellen
Gartengestaltung ist dieser Schutz nicht möglich.
# Gute Nachbarschaft und achtsames Miteinander
Der Umweltgarten ist ein Ort der Pause und Besinnung für all diejenigen,
die stehen bleiben, innehalten und dem rastlosen hektischen Treiben der
Stadt, wenigstens für einen kleinen Moment, entfliehen wollen. Der grüne
Raum tut Mensch und Tier gleicher maßen gut, beschwingt, ist heilsam und
verwöhnt die Sinne.
So hat sich dieser Ort zu einem Treffpunkt und Kommunikationsort für Jung
und Alt verwandelt. Besonders dann, wenn ich dort als verbindende Person
tätig bin. Es vergeht keine Stunde an dem ein Passant für ein freundliches
Gespräch anhält oder sich für die Gartenarbeit bedankt. Einige Nachbarn
beobachten, genießen und fotografieren mit Passion den Wandel im Laufe der
Jahreszeiten. So entsteht ein kommunikatives und sozio-kulturelles
Miteinander, dass das menschliche Wohlbefinden und eine aktive
Gemeinschaft fördert.
# Umweltpädagogische Komponente
Der Öko-Naturgarten bringt Kinder zum Staunen, Beobachten und Lachen. Die
örtlichen Nachbarskinder sind an dem Wachstum sehr interessiert. Mit ihnen
veranstalte ich Duft-Rätsel mit den vorhandenen Heilkräuter-Pflanzen.
Jedes Kind kennt zum Beispiel Pfefferminztee, aber nicht wie dieses
Heilkraut in der Natur wächst und frisch aussieht. Den Kindern wird so die
Natur näher gebracht. Und wer kennt schon den Duft von Ananas-Salbei? Gern
helfen die Kinder auch bei einer Runde Gartenpflege mit. Beginnt achtsamer
Umgang mit der Natur, Umwelt und dem Menschen, von Beginn an in der
Kindheit? Dies zeigt auch, dass wir Menschen an einer besseren Zukunft
arbeiten können.
# Übergang Transition Town
Die Stadt befindet sich im Wandel. In einer zukunftsfähigen
Stadtentwicklung wird die biologische Vielfalt und natürliche Lebensräume
erhalten, denn in stark verdichteten Siedlungsräumen leisten sie einen
Beitrag zum Naturschutz und zur Erholung des Menschen
Moderne zukunftsweisende Entscheidungen auf dem Weg zur Stadt der Zukunft
brauchen nur einen winzigen Ruck...
Lassen Sie sich vom Wunder der Natur inspirieren!
Danke für Ihre Aufmerksamkeit und mit
guten Wünschen. yola grimm
Nachdenkerei
Hallo Du! Hier könnte Dein / Ihr ernst zunehmender Kommentar stehen:
mail to: yola@wirbeley.eu
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